Junge Fotografie im Schloss Ritzebüttel
„Freiheit“ – mit Fotoarbeiten von Constanze Kratzsch, Alina Simmelbauer, Sandy Worm und Jörg Brüggemann
vom 2. September - 28. Oktober 2012 im Schloss Ritzebüttel in Cuxhaven
Nach der erfolgreichen Auftaktveranstaltung „Junge Fotografie im Schloss Ritzebüttel“ im Frühjahr 2011 mit Arbeiten von Margret Hoppe und Johanna Diehl wurde die Reihe im Herbst 2012 fortgesetzt: Vom 2. September bis zum 28. Oktober 2012 waren in dem Ausstellungssaal im Schloss die fotografischen Positionen von vier jungen Künstler/innen zum Thema „Freiheit“ zu sehen.
Der Begriff „Freiheit“ wird in der Geschichte ganz unterschiedlich interpretiert: Die Grundlage für die
neuzeitliche Definition wurde in der Zeit der Aufklärung Mitte des 18. Jahrhunderts und während der Französischen Revolution 1789 gelegt. Heute ist „Freiheit“ ein Grundbegriff moderner
Demokratien und zählt zu den wichtigsten Grund- und Menschenrechten.
Aus der Fülle der eingegangenen Bewerbungen für die Ausstellung, die deutschlandweit ausgeschrieben war, wurden drei Fotografinnen und ein Fotograf ausgewählt, die sich auf ganz unterschiedliche Weise mit dem Thema „Freiheit“ auseinandergesetzt haben.
Die jüngste im Bunde ist Constanze Kratzsch. 1984 in Bergen auf der Insel Rügen geboren, hat sie zunächst eine Ausbildung zur Grafikdesignerin absolviert und studiert seit 2010 an der Neuen Schule für Fotografie in Berlin. In der Serie „BETON-SPIEGEL“ von 2009, genau 20 Jahre nach dem Mauerfall, fotografiert Constanze Kratzsch die Besucher einer Open Air-Ausstellung am Checkpoint Charlie. In der Arbeit geht es um die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Es ist eine Spiegelung, wobei der Ausstellungsbesucher im Vordergrund das Bild im Hintergrund reflektiert. Die DDR-Bilder und der Mensch im Vordergrund werden dabei Eins. Gegenwart und Vergangenheit verschmelzen zu einem Bild, bei dem der Betrachter unbewusst selbst zum Akteur im Bildhintergrund wird: Der Mauerfall als Sinnbild für die Freiheit.
Sandy Worm (*1977 in Berlin) studierte am Liverpool Institute for Performing Arts in England und war danach als Kulturmanagerin tätig, 2009 nahm sie ein Fotografie-Studium an der Burg Giebichenstein Hochschule für Kunst und Design in Halle auf. Sie und ihre Kommilitonin Alina Simmelbauer (*1981 in Sömmerda), die einen Abschluss in Kultur- und Medienpädagogik an der Fachhochschule Merseburg vorweisen kann, haben im Rahmen einer Semesterarbeit getrennt voneinander jeweils eine Fotoserie mit dem Titel „FRHT09“ erarbeitet.
Nachdem 1989 die Mauer gefallen ist, ging neben all dem Chaos und dem Freudentaumel das Leben aber auch ganz normal weiter: Kinder wurden geboren. Doch was ist heute aus diesen Kindern geworden? Die beiden Fotoserien von Sandy Worm und Alina Simmelbauer bestehen aus Porträts und Textbeiträgen von Jugendlichen, die im Jahr des Mauerfalls in Halle zur Welt kamen und sich Gedanken zum Thema Freiheit machen. Was bedeutet heute für einen Jugendlichen, der die Zeit eines getrennten Deutschlands nur aus Erzählungen aber aus eigener Anschauung selbst nicht kennt, der Begriff Freiheit? Zwanzig Jahre später erlebt diese Generation die verfassungsgemäß garantierte Freiheit als einen ganz selbstverständlichen Wert.
Auch wenn beide Serien ähnlich aufgebaut sind: Porträt und ein dazugehöriger Textteil mit den jeweiligen Aussagen der Jugendlichen, gibt es Unterschiede in der Umsetzung und zeigt auf interessante Weise wie an einem Thema auf verschiedene Art herangegangen werden kann. Alina Simmelbauer benutzt das für Porträts übliche Hochformat, die Personen sind bekleidet und bis zur Taille zu sehen, Sandy Worm dagegen verwendet das Querformat und ihre Probanden sind Schulterfrei abgebildet.
Der 1979 in Herne geborene und heute in Berlin lebende Fotograf Jörg Brüggemann studierte digitale Medien an der Hochschule für Künste in Bremen und ist seit 2009 Mitglied bei der Agentur OSTKREUZ. Seine Abschlussarbeit „Same Same But Different“, die in den Jahren 2006-2008 entstand, ist eine Dokumentation über Backpacker in Asien und Südamerika.
Für viele Menschen ist eine Reise um die Welt der Inbegriff von Freiheit. Nur mit einem Rucksack bepackt und dem Nötigsten ausgestattet, sich einfach treiben zu lassen und sich ohne Zwang, zwischen verschiedenen Möglichkeiten auswählen und entscheiden zu können, davon träumt so manch ein Jugendlicher.
Der Rucksacktourismus verstand sich ursprünglich als Alternative zum Massentourismus. Die Weltenbummler wollten fremde Orte individuell erkunden, die Unterkünfte sollten preiswert sein und lagen deshalb zumeist abseits der üblichen Hotelburgen der Pauschaltouristen. Wichtig war den Reisenden der enge Kontakt zur einheimischen Bevölkerung und damit auch das Kennenlernen fremder Kulturen.
Jörg Brüggemann jedoch hebt in seiner Fotodokumentation schonungslos mit diesem Klischee auf. Seitdem 1973 der Reiseführer South-East Asia on a shoestring (Lonely Planet) erschien, in dem die Routen vorgezeichnet sind, entstanden touristische Infrastrukturen wie Hotellerie und Gastronomie, die sich eigens auf diese Reiseform einstellten: Aus einer Individualreise ist im Laufe der Zeit eine Touristenattraktion geworden, bei der das Gefühl von Freiheit immer mehr verloren geht.
© Erle Bessert M. A. (Kuratorin)
Die Ausstellungsreihe "Junge Fotografie" - eine Veranstaltung der Stadt Cuxhaven -
wurde gefördert durch die Stiftung Niedersachsen.
Die Eröffnung war am Sonntag, 2. September 2012 (16.00 Uhr)
Begrüßung: Erika Fischer (Bürgermeisterin der Stadt Cuxhaven)
Einführung: Erle Bessert M. A. (Kunsthistorikerin)